Donnerstag, 08.05.2014

Vom Eise befreit …

… sind Strom und Bäche und jetzt auch wieder unser Boot „Bella“, die schöne (und moderne –Baujahr 2013), und damit P und M! Strom ist in diesem Fall der St. Lorenz Strom.

 

Nachdem hier bis gestern noch Eiszeit war und wir vor Frust unsere Flasche Wein bereits am 2. Abend ausgetrunken hatten, ist unsere Kreuzfahrt nun schon seit gestern Mittag eis(wein)frei. Dadurch schüttelt es auch nicht mehr so, denn von dem Geschiebe und Gerüttel im Eis fällt man fast aus dem Bett. Mein lieber Scholli, das waren aber auch riesige Eisschollen im Golf von St. Lorenz. Das Boot hat sich dann letztendlich doch mit dem kleinen Eisbrecher befreien können, der große ist auch irgendwie nie bei uns angekommen (aber der Staat bezahlt die Eisbrecher nachts wohl auch nicht).

Eigentlich hatten wir durchgehend auch sehr gutes Wetter – bis auf das Eis. Es ist derzeit richtig sonnig und auch warm. Wir haben wohl das Borderline Subarctic Climate und die Tundra endgültig hinter uns gelassen. Und nicht nur mit dem Wetter hatten wir Glück, auch den Luxus der Kabine und der drei Mahlzeiten täglich duften wir weiterhin genießen – sogar kostenlos! Inzwischen ist aus dem Essen sogar immer ein Dinner for two mit 3 Kellnern geworden. Damit hat sich sozusagen der Preis der Kreuzfahrt amortisiert und wir haben zwei Übernachtungs- und Verpflegungstage an Land eingespart. Da hatte das Eis doch auch noch was Gutes.

 Inzwischen gibt das Boot auch richtig Gas, was leider zu Lasten der Liegezeiten geht. Obwohl die Kreuzfahrt insgesamt natürlich bestens entschleunigt, sind die Landgänge mehr Gehetze als Entspannung. In den Häfen haben wir oft nur sehr wenig Zeit  – gestern abend im Innu-Ort Natashquan nur 20 min. Da lohnt es sich kaum, den Fuß auf das Hafengebiet zu setzen. Allerdings ist es auch mal interessant beim Be- und Entladen zuzusehen. In Kegaska hätte uns das Boot fast vergessen, nachdem wir auf französisch vergeblich versucht hatten, bei einer Innu-Verkäuferin Postkarten zu kaufen, sie aber fragte wo wir denn herkommen würden (vielleicht kriegt hier ja nicht jeder Postkarten?!). Eigentlich sollte man 12h30 wieder an Bord sein, aber um 12h29 wurde die Brücke schon eingefahren. Wir haben dann aber gerufen und uns damit bemerkbar gemacht. In einigen Orten wäre das Zurückbleiben hier besonders schlimm gewesen, zumal es keine Anbindung an das Straßensystem gibt. Die einzige Verbindung ist hier das wöchentliche Boot, das quasi wie ein „Bus“ von den Einheimischen genutzt wird. Teilweise gibt es auch Helikopter- oder Flugzeuganbindungen. Heute früh um 4 waren wir in Havre-Saint-Pierre, der ersten stadtähnlichen Siedlung seit langem. Da wir dringend Bargeld brauchten, haben wir uns auf die Suche nach einer Bank gemacht, die es dann auch in Hafennähe gab. Am Strand haben wir dann auch noch einen Sonnenaufgangsspaziergang gemacht. Die Sonne geht hier sehr früh auf (ca. 4 Uhr) und sehr spät unter (ca. 20 Uhr) – da haben wir einfach mehr vom Tag. Vormittags haben wir dann heute schon den einzigen Hafen auf der Insel Anticosti, Port Menier, angelaufen. Hier war ein Einheimischer so nett, uns in den Ort mitzunehmen, so dass wir den ewig langen Kai nur zurück laufen mussten. Das Trampen oder Hitchhiking klappt hier in Kanada also sogar ohne Daumen heraus! Leider haben wir sein Französisch kaum verstanden, zumal in den kleineren Orten oft ein altes bzw. altmodisches Französisch bzw. arkadisches Französisch gesprochen wird. Auf Anticosti haben wir das erste Mal während unserer Kreuzfahrt Postkarten gefunden - demnächst könnte es also mal wieder Post in Deutschland geben. Obwohl wir nur in Port Menier waren, haben wir mit dem Boot die ganze Insel umfahren und damit alles „gesehen“. Leider haben wir irgendwie Pech mit den Tierbeobachtungen. Und das obwohl es auf der Insel Anticosti mehr Rehe als Einwohner gibt. Außer Möwen und tote Krabben haben wir nicht viel gesehen. Mit Glück hätte man Wale, Robben oder sogar Eisbären gesehen, die auf Eisbergen von Grönland herunterkommen. In Blanc-Sablon werden nächste Woche wohl Eisberge erwartet – wir waren also leider zu früh dort.

Jetzt wollen wir aber doch langsam mal den Osten Kanadas verlassen und westwärts reisen. In Rimouski werden wir unser komfortables Kreuzfahrtbett gegen eine Couch bei einem Couchsurfer tauschen. Planmäßig bzw. außerplanmäßig werden wir morgen früh wohl nun endlich den Zielhafen Rimousiki erreichen – mit insgesamt 4 Tagen Verspätung. Das schafft nicht mal die Deutsche Bahn. Je nach Zeit werden wir uns noch das ein oder andere im frankophonen Québec anschauen. Heute nachmittag genießen wir aber erstmal das sonnige Bombenwetter auf See, auch wenn es hier kein Sonnendeck gibt …