Samstag, 07.06.2014

Es gibt neues im Osten: kein Job, Unileben, einige Tiere, auf den Spuren von Deutscher und Amish Kultur, noch ca. 3600 km vom Zielobjekt entfernt

Hi there!

 

ich habe so einige Kilometer in den letzten Tagen zurückgelegt, bin allerdings immer noch im Osten (kleiner Exkurs: Übrigens ist der Osten ein ziemlich dehnbarer Begriff in Kanada und größer und sehenswerter als man denkt; jedenfalls fängt der Osten Kanadas nach unseren eigenen Reiseerfahrungen nicht erst in Toronto an, was man bei einigen Blogeinträgen und Reiseerfahrungen hier oft meinen könnte! St. John´s ist die östlichste Stadt Kanadas und da waren wir bekanntlich!). Obwohl mein Zug nach Montreal auf Grund eines Autounfalls mehrere Stunden Verspätung hatte, konnte ich mir dennoch bei einer Stadtrundfahrt ein bischen mehr von Montreal und dem gleichnamigen Hügel ansehen. Immerhin war die kanadische Bahn mit den Ersatzbussen organisierter als die DB oder ÖBB. Weiter ging es dann wieder mit dem Zug in die Hauptstadt Ottawa, die mir wirklich super gefallen hat. Wieder einmal hatte ich es bei airbnb-Gastgebern (Molly und Neil) sehr gut angetroffen. Man emfping mich schon mit offener Tür und offenen Armen, da man mich als Backpacker schon von weitem erkannt hatte. Während es am ersten Tag in Ottawa noch richtig heiß war und ich meinen Rucksack beim Weg zur Unterkunft in der Hitze wirklich verflucht habe (und dazu noch das Navi, das einfach die Strecke neuberechnet hatte), hat es am 2. Tag nur geregnet. Perfektes Wetter also für eine Führung durch das Parlament, das Gehirn Kanadas. Weiter ging es nach Toronto, wo ich auf einem der höchsten Türme der Welt war, nämlich dem CN-Tower. Toronto bedeutet in indianischer Sprache "Sammelplatz" - und das ist es auch, ein Sammelplatz von vielen Menschen, Kulturen, aber auch Autos und Baustellen. Trotz der Größe und des Lärms hat mir Toronto aber dennoch ganz gut gefallen.

Seit Dienstag bin ich nun in der Uni-Stadt Guelph/Ontario, die übrigens nach der deutschen Familie "Welfen" benannt ist. Die Stadt ist architektonisch einerseits nach Vorbildern amerikanischer Großstädte, andererseits aber auch nach europäischer Architektur gebaut (z.B. gibt es viele Steinhäuser!). Guelph war die erste kanadische Stadt, in der die Polizisten mit Motorrädern ausgestattet wurden. Heute gibt es für die Universität sogar eine eigene Uni-Polizei. Überhaupt gibt es auf dem riesigen Campus fast nichts, was es nicht gibt: Busbahnhof, Busticketbüro, Reisebüro, Studentenpub, Copyshop, Zahnarzt, Wohnheime, Supermarkt etc. - die Studenten können sich also voll auf das Studieren konzentrieren und brauchen den Campus eigentlich nicht zu verlassen. Nur für die Reinigung muss man wohl nach Downtown Guelph - dort gibt es sogar eine Drive-Thru-Reinigung. Auch tierisch ist hier auf dem Campus einiges los, so lief mir heute ein Waschbär über den Weg, der zunächst gar nicht schüchtern war, dann aber doch lieber auf den Baum kletterte. Zudem laufen hier viele braune und schwarze Eichhörnchen sowie Riesenameisen herum. Ein Eichhörnchen habe ich sogar dabei erwischt, wie es sich aus einem Mülleimer ein Toastbrot herausgezogen hat. Kein Respekt, diese Viecher!;-)

Zwischendurch erreichte mich die unerfreuliche Nachricht, dass es mit dem Job in Halifax leider nicht klappt. Als man mich anrief, hatte ich mich fast schon gefreut und gleichzeitig geärgert, dass ich ja nun bei einer Jobzusage wieder die Strecke zurück nach Halifax fahren müsste. Aber das bleibt mir nun erspart. Die Kanadier sind halt so nett, die rufen sogar an, auch wenn es nur eine Absage ist.

In Guelph übernachte ich in einem klassischen Studentenwohnheim, das ich übrigens am ersten Abend nur nach sehr langem Hin und Her gefunden habe. Immerhin gibt es eine Küche, allerdings nur mit Herd und Kühlschrank. Es wird sogar morgens mein Bett gemacht - wie im Hotel, nur leider schon um 8 Uhr. Ich besuche eine Tourismuskonferenz und spiele hier anschließend auch noch ein Schachturnier mit. 

Am Donnerstag habe ich einen Ausflug ins nahe Kitchener-Waterloo mit dem Greyhoundbus gemacht. Der Ort wurde von Deutschen gegründet, hieß bis 1916 sogar Berlin. Man merkt auch heute noch den deutschen Kultureinfluss und somit ist Kitchener quasi die heimliche Hauptstadt der Deutschen in Kanada. In den Straßen kann man immer mal wieder Deutsch hören. Außerdem finden sich Autohäuser, viele Restaurant-Schilder mit dem Aufdruck "Schnitzel" und deutsche Straßennamen wie z.B. die Weberstreet. Es gibt sogar ein Schloss, wo einmal im Jahr das zweitgrößte Oktoberfest der Welt stattfindet. Höhepunkt meines Ausfluges war aber ein Ausflug in das Mennoniten-bzw. Amish-Dorf St. Jacobs, wo einige Leute noch wie im 19. Jahrhundert mit Pferdekutsche und Co. leben. Auf dem farmermarktet, der übrigens der größte Ganzjahresfarmermarkt in Kanada ist, trifft man auch Mennoniten als Verkäufer an. Allerdings versteht man sie kaum, wenn sie sich auf Pennsylvania Dutch oder Pennsylvaniahochdeutsch (ein altertümliches Hochdeutsch) unterhalten. Ich habe sogar einige lokale Produkte bei ihnen gekauft, worüber sie sich sehr gefreut haben. Einige andere Verkäufer und Marktschreier waren allerdings weniger freundlich und eher nerviger und lauter als die vom Fischmarkt Hamburg.

Am heutigen Freitag haben wir nach einem anstrengenden, aber interessanten Konferenztag einen Ausflug nach Cambridge/Ontario gemacht. Dort gab es spätes, aber vornehmes Abendessen im schön gelegenen Restaurant Cambridge Mill. Insgesamt kann man sich hier bzgl. Essen bei dieser Konferenz nicht beschweren. Es gibt sogar Frühstück, wenn auch nur ein sehr kleines "kontinentales". Und ein Barbecue und Essen im von Studenten betriebenen Restaurant mit ausschließlich lokalen Zutaten gab es auch schon.

Am Sonntag abend geht es dann voraussichtlich über Toronto, Niagara Falls, Chatham und Dresden (in Ontario, nicht in Sachsen) weiter Richtung Westen, es sind nur (!?) noch ca. 3600 km von hier. Was mir übrigens aufgefallen ist: Von Ost nach West werden die Autofahrer und Menschen etwas weniger freundlich, dafür aber die Busfahrer und Busverbindungen/Infos wesentlich freundlicher. Mal sehen ob mein nächster Beitrag noch aus dem Osten oder aber schon aus dem Westen erfolgen wird. Und da im Westen ist ja sicherlich auch tierisch was los, hab u.a. was von Bärenalarm gehört ...